Manipulationsmöglichkeiten mit der Studie

Wenn man die Darstellungsweise in der Studie/“Gutachten“[1] zum Rathaus mit der Versionsgeschichte kombiniert, ergibt sich ein noch besseres Beispiel dafür, wie manipuliert werden kann:

(Da jetzt ein längerer Text folgt steht hier eine pdf-Version zum Download bereit.)

  • 2014 wird eine Studie/“Gutachten“ erstellt, das dank extremer Prämissen über Personalkosteneinsparungen (140 TEUR p.a. für die Bücherei) die Aussage enthält, dass Variante 3 wirtschaftlich sinnvoll sei mit der Einschränkung dass der Fall, nur die Bücherei und nicht das Stadtservicecenter im neuen Gebäude wirtschaftlich fragwürdig wäre. Diese Einschränkung steht aber nur in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nicht im Fazit.
  • Dazu gibt ein schönes Bild, dass durchaus für Variante  3 begeistern kann:

rathaus-schnitt

  • Wir nehmen an, dass so der sowieso schon bestehende Wille zum Rathausneubau bestärkt wird.
  • Dann werden in 2015 die Prämissen und die Einschränkung dahin gehend geändert, dass die Studie/“Gutachten“ nun folgert, dass die Version der Variante 3 mit Stadtbücherei und Servicecenter wirtschaftlich fragwürdig ist. Dies steht aber nur in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung selbst, im Fazit wird auf diese Änderung nicht hingewiesen.
  • Man muss die neue Fassung der Studie/“Gutachten“ aber schon sehr exakt lesen, um die Aussage zu finden, die für die Variante 3 des RBE-Abstimmungshefts getroffen wird.

Die Studie/“Gutachten“ trifft Wirtschaftlichkeitsaussagen zu vier verschiedenen Versionen der Variante 3 der Studie/“Gutachten“. Nur eine dieser vier Versionen der Variante 3 der Studie entspricht annähernd der Variante 3 des RBE-Abstimmungshefts. Über diese Konstruktion ist es möglich, die wörtlichen Aussagen der Studie/“Gutachten“ nebeneinander zu stellen, ohne dass eine Lüge entsteht:

  1. S. 64: „Die Empfehlung zur Umsetzung der Variante 3 wird auch durch das Ergebnis der Kostenschätzung (S. 82) und der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (S.88) erhärtet. Hier wird auch eine eindeutige Empfehlung zur Umsetzung der Variante 3 ausgesprochen.“ (kann wie folgt gerechtfertigt werden: Es wurde ja gezeigt, dass der große Neubau bei Vollvermietung mit Mieten von bis 36 EUR/qm wirtschaftlich ist.)
  2. S. 90: „Eine derartige Betrachtungsweise ist für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung üblich und sinnvoll, da die Stadt Brühl grundsätzlich die Möglichkeit hat das Gebäude zu marktüblichen Preisen zu vermieten. Sollte sie es alternativ selber nutzen, so ist die Vermietungsbetrachtung trotzdem übertragbar, da eine Eigennutzung quasi einen Wertverzehr in dieser Miethöhe Opportunitätskosten) bedeutet.“ (kann wie folgt gerechtfertigt werden: Es wurde ja gar nicht definiert was „übertragbar“ heißt.)
  3. S. 90: „Bei abschließender Betrachtung insbesondere des aussagekräftigsten Scenarios II wird deutlich, dass die Erweiterung des Gebäudes gemäß Variante 3 auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist.“ (Klar, Scenario II ist ja die Vollvermietung)
  4. S. 90: „Lediglich die Integration der Bibliothek und des Stadtservicecenters in die potentiell wertvollsten Räume eines neu geschaffenen Gebäudes gemäß Variante 3 ist zumindest allein unter wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten fragwürdig wie die Szenarien IIIa, IIIb und IIIc belegen.“ (Anmerkung: die Integration der Bibliothek und des Stadtservicecenters ist aber gerade das, was die Variante 3 des RBE-Abstimmungshefts beinhaltet.)
  5. D.h.: In der aktuellen Studie/“Gutachten“ wird die Sinnhaftigkeit der Variante 3 für den Fall der Vollvermietung nicht in Frage gestellt; die Variante 3 wird für den Fall der Vollvermietung unter Berücksichtigung aller Aspekte als empfehlenswert gewertet. Aber die Variante 3 gemäß Abstimmungsheft (Integration von Bücherei und Stadtservicecenter) wird in der Studie/“Gutachten“ als wirtschaftlich fragwürdig gewertet.
  6. Aber in der Studie/“Gutachten“ wurde dies so umständlich geschrieben, dass (fast) niemand die eigentliche Aussage bemerkt.
  7. Unsere (vorwurfsvolle) Frage an die Stadt ist deshalb: „Warum wurden wir Bürger nicht darauf hingewiesen, dass in der Studie/“Gutachten“ die Variante 3 gemäß Abstimmungsheft (Integration von Bücherei und Stadtservicecenter) als wirtschaftlich fragwürdig gewertet wird?
  • Scheinbar werden die Ratsmitglieder auf diese Änderung auch nicht hingewiesen. (Dies ist zwar seltsam, weil es die Version mit dem schönsten Bild (s.o.) betrifft).
  • Scheinbar bemerkt auch niemand, dass damit die Studie/“Gutachten“ (oder wie sie von der CDU-Fraktion im Abstimmungsheft genannt wird, das „umfangreiche Fachgutachten“) die Variante 3 des RBE-Abstimmungshefts nun wirtschaftlich fragwürdig nennt. (Tja, Fehler können passieren).
  • In der Ratssitzung am 31.10.2016 wird dann der Hinweis, dass in der Studie/“Gutachten“ stehe: „Lediglich die Integration der Bibliothek und des Stadtservicecenters in die potentiell wertvollsten Räume eines neu geschaffenen Gebäudes gemäß Variante 3 ist zumindest allein unter wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten fragwürdig wie die Szenarien IIIa, IIIb und IIIc belegen.“ als Zitierfehler abgetan, weil sogar Fraktionsvorsitzende die aktualisierte Studie/“Gutachten“ gar nicht vorliegen haben.
  • Nach zwischenzeitiger Klärung, welche Version denn nun die aktuelle sei, weist CDU-Fraktionsmitglied Dr. Fiedler auf seine berufliche Erfahrung hin, „dass geänderte Dokumente entsprechend dem Qualitätsmanagement sehr deutlich mit einer Versionsnummer gekennzeichnet zugestellt wurden, wobei die geänderten Textpassagen optisch angezeigt wurden.“

(Wir betonen aber auch, dass wir jetzt nicht behaupten, dass es sich hier um einen Fall gezielter Manipulation handelt. Denn es könnte sich ja auch um eine unglückliche Verkettung von Fehlern handeln. Aber es ist sicher ein gutes Beispiel dafür, wie manipuliert werden kann.)

Zusammen mit der oben gestellten Frage stehen noch immer Antworten der Stadtverwaltung auf die folgenden Fragen aus:

 Warum gibt es in der Studie / dem „Gutachten“ keine konkrete Aussage zum Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen Variante 1 und Variante 3 in der Eigennutzung?

  • Warum gibt es in der Studie keine Aussage dazu, ob auch in der Sanierungsvariante (z.B. durch Überbauung des Innenhofs) ein optimiertes Servicecenter mit Personaleinsparungen möglich ist?
  • „Warum wurden wir Bürger nicht darauf hingewiesen, dass in der Studie/“Gutachten“ die Variante 3 gemäß Abstimmungsheft (Integration von Bücherei und Stadtservicecenter) als wirtschaftlich fragwürdig gewertet wird?

[1] https://www.bruehl.de/wirtschaft/stadtprojekte/downloads/Konzeptstudie_Rathaus_B_stand_16_03_2015_.pdf